Wegweiser Via Claudia Augusta

Radreisebericht: Via Claudia Augusta – Von Donauwörth bis Venedig

Zwölf Tage vom 27. Juli bis 07. August 2014 auf der Via Claudia Augusta unterwegs. Zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmer legen rund 770 Kilometer zurück und bewältigen rund 7800 Höhenmeter.

Begleitet werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von einem Bus (mit Busfahrer Thomas) der Firma Hitz & Lichtenhahn GbR.

Der erste Tag begann sehr früh mit dem Verladen der Fahrräder auf dem (offenen) Fahrrad-Anhänger. Dann geht es per Bus von Groß-Gerau nach Donauwörth. Von dort aus fahren wir mit dem Rad weiter. Vor Augsburg ein kleiner Knall und ein lautes Zischen: Plattfuß! Es ist das Hinterrad von Bennos Rad. Trotz intensiver Suche ist kein Fremdkörper im Reifen zu finden, dennoch ist nach Einziehen eines neuen Schlauchs der Reifen gleich wieder platt. Dann stellt Benno doch die Ursache fest: An der Seitenflanke des Reifens ist ein winziges Loch im Mantel und hier platzt auch der Schlauch beim Aufpumpen. Also flickt Benno den Mantel (!) von innen und jetzt kann es wieder weitergehen. Schon längere Zeit künden schwarze Wolken Regen an und hinter Augsburg erwischt uns schließlich ein richtiger Schutt. Wir stellen uns unter einer Carport-Anlage unter und warten dort eine Weile, fahren dann bei leichtem Regen weiter. Durch die Reifenpanne und das Warten bei Regen haben wir aber viel Zeit verloren. Wir lassen uns deswegen vom Bus in Königsbrunn abholen und ins Quartier nach Kolonie Hurlach bringen, wo der erste Tag nach rund 70 Kilometern endet.

Der zweite Tag beginnt - nach dem Frühstück - um 9 Uhr. Heute herrscht ideales Radfahrwetter mit Sonne, wenig Wind und Temperaturen, die im Tagesverlauf von 23 Grad bis 32 Grad ansteigen. Auf hervorragenden Radwegen geht es durch die wunderbare Allgäuer Landschaft, vorbei am Lechbrucker See und am Forggensee. Wunderschön ist immer wieder das Panorama der immer näher kommenden Alpen. Allerdings wird es heute etwas hügeliger, wir bewältigen schon heute um die 800 Höhenmeter. Wir machen Mittagsrast im Cafe/Bistro „Lions“ in Altenstadt. Gegen 16 Uhr kommen wir nach rund 90 Kilometern in Füssen an und machen anschließend eine Besichtigungstour (diesmal mit Thomas Bus) nach Neuschwanstein und zum Lechfall. Rechtzeitig vor dem einsetzenden Regen sind wir wieder zurück im Hotel „Zum Hechten“.

Am dritten Tag steht die erste Pass-Etappe an - wir wollen den Fernpass bewältigen. Es ist zwar bewölkt und ab und zu nieselt es ganz leicht, aber für die Bergauf-Fahrerei ist das ein ideales Radfahr-Wetter. Beim Start in Füssen beträgt die Temperatur 17 Grad und steigt im Tagesverlauf auf ca. 24 Grad, nachmittags kommt sogar die Sonne heraus. Ab Bichlbach teilt sich wegen einiger Anstiege unsere 12-er Gruppe in mehrere Teilgruppen auf. Bei Marienberg wartet Thomas mit dem Bus auf uns, dort treffen sich alle kurz wieder. Hier beginnt der „richtige“ Aufstieg zum Fernpass. Bis hierher waren die Radwege recht gut zu fahren. Ab Marienberg sind die Wege bis Nassereith allerdings mit normalen Rädern recht grenzwertig befahrbar. Wegen des mittelgroben bis groben Schotters, vieler Pfützen, steiler Anstiege und einiger ausgewaschener Passagen sind sie eher für Mountainbikes zu empfehlen. An einigen Stellen an der Abfahrt nach Nassereith stehen Warnschilder mit der Aufschrift „Mountainbike-Schiebestrecke“ - das sagt eigentlich schon alles. Ab Marienberg gehen wir den Berg in drei getrennten Gruppen an. Die Radwege sind jetzt teilweise neu angelegt. Das geplante Treffen aller Teilgruppen auf der Passhöhe bzw. am Fernstein-See geht gründlich schief. Schließlich treffen wir uns erst unten in Nassereith wieder, die Mario-Gruppe hat allerdings eine Rast eingelegt und kommt später nach. Unser Quartier, der Gasthof „Panorama“ in Obsteig-Holzleiten, liegt allerdings 200 Meter höher. Wir müssen zum Schluss also nochmal auf den Berg. Die schöne Aussicht von unserem Quartier aus lohnt aber die Mühe.

Das Wetter am 30. Juli ähnelt dem des Vortages: Wolkenverhangener Himmel, ganz leichter Nieselregen bei Temperaturen von 16 Grad, aber sehr angenehm zu fahren. Von Holzleiten geht es zunächst wieder hinunter nach Nassereith, dann am Gurgl-Bach weiter nach Imst. Von Imst aus fahren wir einen schönen Radweg entlang des Inn bis Landeck. Dort treffen wir unseren Bus samt Busfahrer Thomas und Walter (Waltrauds Mann) und machen Mittagsrast in der Bäckerei „Ruetz“ im Bahnhofsgebäude. Leider regnet es während unserer Weiterfahrt bis zur Ankunft in Pfunds. Wir haben damit aber schon Übung. Die Strecke verläuft stetig leicht bergauf entlang des Inn. Trotzdem haben wir nicht das Gefühl, heute 1000 Höhenmeter bewältigt zu haben. Angesichts des Wetters fahren wir ohne größere Pause durch bis zu unserem Quartier in Pfunds - Hotel „Edelweiß“. Die Ankunft ist dort gegen 15.15 Uhr nach rund 80 Kilometern.

Am fünften Tag steht die zweite Pass-Etappe an. Auch an diesem Morgen präsentiert sich das Wetter wieder wie an den Vortagen: Wolkenverhangen, kühl (16 Grad) und ab und zu ein paar Regenspritzer. Das bessert sich aber nach Überqueren des Reschenpasses - ab da scheint die Sonne. Nun ist Sonnencreme angesagt. Wir fahren an diesem Tag zunächst drei Kilometer auf einem gut ausgebauten Radweg und wechseln dann auf die Landstraße, die aber breit ist und mit wenig Autoverkehr. Die direkte Straßenverbindung nach Nauders, die sich zwölf Kilometer lang östlich des Inn am Berghang hochschlängelt, ist für Radfahrer gesperrt. Wir bleiben daher unten im Tal und fahren leicht bergab und bergauf zunächst zum Grenzübergang Martina. Dort kommen wir für ein paar Meter durch die Schweiz. Martina liegt kaum höher als Pfunds (um die 1000 Meter). Bis dahin haben wir also noch keine Höhe gewonnen. Das ändert sich von da an ab grundlegend. In Serpentinen geht es die nächsten fünf Kilometer hinauf auf die Norbertshöhe (1405 m hoch) auf der Straße. Auch diese Route ist angenehm zu fahren. Alle zwölf Teilnehmer kommen gut und in gar nicht großem Zeitabstand oben an. Von der Norberthöhe aus geht es etwas bergab nach Nauders. Ab dort wechseln wir auf einen sehr schönen asphaltierten Radweg. Dieser Radweg bleibt bis zum Etappenort Laas sehr gut ausgebaut - fast immer asphaltiert, eine regelrechte Fahrrad-Autobahn. Die Route steigt von Nauders aus wieder leicht an bis zum Reschenpass (1505 Meter hoch) und fällt dann wieder leicht bis Reschen am Reschensee. Der Pass selbst ist auf der Radroute kaum wahrnehmbar, wegen der relativ geringen Steigung dort. In Reschen am See machen wir Mittagsrast in der Pizzeria „Schlössl am See“ und genießen von deren Terrasse aus bei Sonnenschein den überwältigenden, fast schon kitschig wirkenden Ausblick auf den See und das Panorama der Obervintschgau-Alpen. Nach längerer Diskussion (links am See oder rechts am See entlang?) entschließen wir uns mit 11:1 Stimmen für die Radroute links (östlich) des Reschensees. Dort passieren wir beim neuen Ort Graun den im Stausee untergegangenen und nur noch mit der Spitze sichtbaren Kirchturm „Altgrauner Turm“ des ehemaligen - 1949 im neu angelegten Stausee untergegangenen - Ortes Graun. Über leichte Wellen kommen wir nach Mals und dann geht es lange bergab bis Glurns; rund 600 Höhenmeter fahren wir dabei hinab. In dem malerischen Städtchen machen wir eine Eispause im Café „Schöpf“. An der Etsch entlang radeln wir weiter, an ausgedehnten Apfelplantagen vorbei und von nun an hat sich das Wetter völlig verändert: Purer Sonnenschein und Temperaturen bis 29 Grad. Man merkt, dass die Alpen eine Wetterscheide sind. Der Sommer ist da! Der Rest der Fahrt ist gemütlich, denn ein angenehmer Rückenwind schiebt uns über Prad zu unserem Tagesetappenziel Laas. Dort erreichen wir nach rund 70 Kilometern gegen 16.50 Uhr unser Quartier - den Gasthof „Sonne“. Laas ist insbesondere bekannt für seinen Marmor: Der Dorfbrunnen ist aus Marmor; sogar die Einfassung der Dorflinde auf dem Marktplatz besteht aus diesem Gestein. Und Sylvia hat die Super-Idee, für alle Teilnehmer einen kleinen Brocken Marmor mitzunehmen. Danke!

An Tag 6 müssen wir bereits kurz nach unserem Start um 8.50 Uhr in Laas die erste Pause einlegen: Plattfuß an Sylvias Rad! Es sieht aber zunächst eher nach einem Schleicher aus und nach zweimaligem Aufpumpen mit Sigrids großer Luftpumpe kann Sylvia die Tagestour fortsetzen. Auch an diesem Morgen gibt es ein paar dunkle Wolken, aber ausschließlich weit im Norden über den Alpen, da wo wir gestern hergekommen sind. Ansonsten Sonne pur, die Temperaturen steigen tagsüber auf über 30 Grad. An diesem Tag wird es ganz gemütlich, auf der vorbildlich ausgebauten „Radautobahn“ entlang der Etsch geht es fast nur bergab. Vor allem auf den ersten 10 Kilometern müssen wir fast gar nicht in die Pedale treten, sondern nur bremsen. Die Beschilderung ist hervorragend, zusätzlich sind auf der Fahrbahn Abbiege-Markierungen angebracht. Bergab sind Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 30 km/h ausgeschildert. Es gibt hier und da Schilder für (kaum wahrnehmbare) Bodenwellen. In Deutschland ist das eher umgekehrt: Da müsste man eher auf die Stellen der Radwege hinweisen, die keine Bodenwellen, Löcher usw. aufweisen. Wir sind bereits gegen 12 Uhr in Meran und kurz danach - in Sinich - machen wir eine Mittagsrast in der direkt am Radweg liegenden „Bar Rita“. Und hier geht auch Waltrauds Luftballon endgültig kaputt, der schon seit Tourstart an ihrem Rad festgebunden war. Das war stets ein Orientierungspunkt für uns! Wir haben allerdings in Meran die Via Claudia Augusta verlassen, weil der Großteil der Gruppe nicht dem Tourguide hinterhergefahren ist und eine andere Route gewählt hat. Von Sinich aus fahren wir aber wieder geschlossen zurück auf die Via Claudia Augusta, die trotz dreier kleiner Steigungen angenehmer zu befahren ist als der (auch sehr gute) Radweg entlang der Etsch, weil die Wege nun breiter sind und weil es weniger Radverkehr (und fast keinen Autoverkehr) gibt. Auch jetzt geht es wieder endlos durch Apfelplantagen, gen Bozen kommt allmählich auch Weinanbau ins Spiel. Wir sind nach etwa 80 Kilometer schon um 16 Uhr in unserem Quartier in Bozen - Hotel „Post Gries“. In diesem Hotel wohnen auch viele Teilnehmer der Dolomiten-Radrundfahrt, unter anderem auch der aktuelle Gesamtführende, der Kolumbianer Armando Corredor. Auf den letzten Kilometern hat sich der Himmel über uns verdüstert, schwarze Wolken kündigen ein Gewitter an, das aber an diesem Tag noch nicht kommt. So haben wir Gelegenheit, die Stadt zu Fuß zu besichtigen.

Am siebten Tag starten wir - nach einem morgendlichen Regenschauer - in Bozen bei Sonnenschein. Allerdings verzögert sich die Abfahrt um etwa fünf Minuten, denn Sylvias Rad ist immer noch platt. Ein Radladen gleich neben dem Hotel repariert den Schaden. Der geplante Radweg aus Bozen heraus ist gesperrt, so dass wir etwas suchen müssen, bis wir die richtige Ausfahrt aus der Stadt herausfinden. Gleich hinter Bozen steigt der Radweg sechs Kilometer lang bergan bis Eppan/Sankt Michael. Die Aussicht von dort oben lohnt aber die Mühe. Wir verlassen nun auch die Obstplantagen des Etschtals, jetzt dominiert der Weinanbau. Dann passieren wir den Kalterer See und machen bei der Firma „Roner“ in Tramin Halt. Ein Teil der Teilnehmer deckt sich dort mit stark alkoholhaltigen Obstsäften ein. Hinter Tramin verlassen wir die Hügel der Weinstraße und fahren hinunter ans Etsch-Ufer in Neumarkt. Von nun an folgen wir dem auf der Deichkrone verlaufenden (geteerten) Radweg entlang der Etsch. In Laag machen wir Mittagspause im Restaurant „Robi“. Pizza gibt es dort keine mehr, jetzt sind Salate und Pasta angesagt. Dicke schwarze Wolken lassen Nasses von oben erwarten, aber wir haben Glück und kommen trocken weiter. In Salurn, dem südlichsten Ort Südtirols, überschreiten wir die Sprachgrenze von deutsch zu italienisch. Benvenuti in Italia! Ohne größere Zwischenstopps radeln wir zügig entlang der Etsch weiter. Durch geschicktes Zeitmanagement gelingt es uns, erst nach dem in Trento niedergegangenen Regen nach rund 75 Kilometern am Tagesziel anzukommen. Unser Hotel „Albermonaco“ liegt zentral, aber dennoch ruhig. Wir gehen heute Abend mal nicht im Hotel-Restaurant essen, sondern im Stadtzentrum, im Forst-Biergarten (Spezialität: Birramisu!). Trento ist eine recht schöne Stadt. Von 21 bis 23 Uhr bekommen wir vom gleich neben dem Hotel liegenden Pavillon gratis noch ein Platzkonzert mit (sehr guter) keltisch-irischer Musik geliefert.

Der achte Tag ist vielleicht die endgültige Königsetappe dieser Tour. Zumindest kann er den beiden Pass-Überquerungen Konkurrenz machen. Es wird die längste Etappe und auch an Höhenmetern hat sie gleich viel zu bieten wie die Pass-Etappen. Nachts ist ein Gewitterguss niedergegangen, morgens scheint aber wieder stellenweise die Sonne. Wir kommen pünktlich um 9 Uhr vom Hotel weg, aber dann beginnt der erste Ärger: Wir finden partout nicht den richtigen Weg heraus aus Trento, hin zu Sigrids gps-Track. Nach einer ausgiebigen Stadtrundfahrt sind wir um 10.30 Uhr immer noch im Außenbezirk von Trento und beschließen in unserer Not, trotz des Autoverkehrs die Staatsstraße 349 Richtung Valsorda/Vigolo hochzufahren, die allerdings bis auf eine Höhe vom 700 Meter führt (Trento liegt nur 200 Meter hoch). Kurz hinter Valsorda erwischt uns ein heftiges Gewitter. Wir stellen uns in einer überdachten Himbeer-Plantage unter (Mmh, sehr lecker !). Sigrid kommt als letzte an. Ihr ist im Regen zu allem Überfluss noch die Kette vom Kettenblatt heruntergesprungen. Eine halbe Stunde später können wir weiterfahren. Es regnet nur noch leicht. Das bleibt leider nicht lange so, denn bald kommt stärkerer Regen auf. Dann - irgendwo hinter Levico Terme - spaltet sich unsere Gruppe auf. Mario, Joachim, Frank, Eva und Sylvia fahren die direkte Route, die übrigen fahren einen kleinen Umweg. Dann kommt der nächste Ärger: Starker Wind und ausgiebiger Regen zwingen die Sigrid-Gruppe zu einem Stopp unter einer Brücke kurz hinter Borgo/Valsugana und 300 Meter zurück gibt es auch den dritten Platten unserer Reise: In Irmtrauds Hinterrad steckt ein Reißnagel. Sie schiebt ihr Rad im strömenden Regen weiter bis zur Brücke. Dort reparieren wir den Schaden. Zwischenzeitlich ist der Regen schwächer geworden und nun teilt sich auch die Sigrid-Gruppe weiter auf. Waltraud und Benno fahren mit dem Rad die noch fehlenden 46 Kilometer weiter bis Feltre, die anderen (Sigrid, Ingrid, Irmtraud, Cornelia und Wilhelm) steigen in Ospedaletto in Thomas Bus und lassen sich bis Feltre kutschieren. Waltraud und Benno kommen gegen 17.30 Uhr - kurz nach der Mario-Gruppe - in Feltre an. Kurz bevor wir in Feltre ankommen hört es auf zu regnen! In Feltre übernachten wir im Hotel „Doriguzzi“ und abends gibt es hervorragende und riesige Pizzen in der Trattoria Pizzeria „Al Cappello“. Bei Bestellung eines halben Liters Hauswein bekommt Benno sogar noch einen viertel Liter dazu geschenkt.

Der Bikeline-Radführer weist für die Via Claudia Augusta eine Route aus, die etwas über die Berge führt. Wir entscheiden uns am neunten Tag aber dafür, lieber dem Tal der Piave zu folgen. Seit dem Vortag ist der „Via Claudia Augusta“-Radweg sowieso nicht mehr identisch mit der historischen Via Claudia Augusta, sondern folgt eher dem Prinzip, die Radfahrer irgendwie von den vielbefahrenen Autostraßen fernzuhalten. An diesem Tag herrscht eitel Sonnenschein und das wirklich mal den ganzen Tag! Neben dem Wetter stellt sich beim morgendlichen Start aber vor allem wieder eine zentrale Frage: Werden wir es auch dieses Mal wieder schaffen eine ausgedehnte Stadtrundfahrt zu machen? Das wird heute etwas schwieriger, denn Feltre ist deutlich kleiner als Trento. Aber wir schaffen trotzdem eine kleinere Runde, bevor wir wie geplant das historische Zentrum von Feltre finden und dort eine Pause machen. Unser Team hat sich schon gleich nach der Abfahrt erneut aufgeteilt: Joachim hat unser Abbiegen in eine kleine Gasse nicht mitbekommen und irrt eine Weile in der Stadt umher, bevor wir ihn telefonisch wieder zu uns lotsen. Aber auch der Rest der Gruppe, der am historischen Zentrum wartet, teilt sich in zwei Untergruppen: Da sind einmal diejenigen, die bei solchen Touren ausschließlich drei Dinge wollen: Radfahren, Radfahren, und nochmals Radfahren. Und dann gibt es noch die, die zwar auch radeln, aber gern mal anhalten, wenn es etwas Schönes oder Interessantes zu sehen und zu fotografieren gibt (Anmerkung: Das ist natürlich ein grundsätzlicher Gegensatz bei allen Radtouren). Benno gehört zur letzten Gruppe und irgendwie sind wir froh, dass uns der verschollene Joachim zu einer längeren Pause verhilft. Denn Feltre ist der bisher schönste Ort unserer Reise. Vor allem das Ensemble von Palazzi und Castello am historischen Zentrum lädt zum Verweilen ein. Weil die Stadtrunde in Feltre doch arg kurz ausgefallen ist, holen wir das Versäumte hinter dem nächsten Ort Anzú nach: Wir verirren uns auf immer abenteuerlicheren Wegen und stellen nach einer Stunde Herumirren fest, dass wir wieder in Anzú gelandet sind! Bei diesem Kreisverkehr dürfen wir endlich auch die Arten von Wegen genießen, die bei unserer Tour bisher fehlten und die jeder Radfahrer besonders liebt: Fahren durch sumpfige Wiesen und Schieben auf schmalsten und teilweise extrem steilen Hangpfaden. Auf Letzteren ist selbst ein Mountainbiker überfordert, so dass wir alle schieben müssen und uns teilweise untereinander beim Schieben der Räder helfen. Das geht ganze 800 Meter weit, bis wir zu unserem Erstaunen wieder in Anzú ankommen. Dort gehen wir im Ausschlussverfahren erneut auf die Suche nach einem Radweg, der uns in Richtung Treviso führen könnte. Am Ende bleibt aber nur noch eine Lösung: Wir fahren auf der SP 1 (Strada Provinciale Nr. 1). Die ist recht viel befahren, unangenehm sind vor allem die Lastwagen. Und wir müssen einige Kilometer auf dieser Autostraße zurücklegen. Es kommt aber noch heftiger: Zwischen Vas und Valdobbiadene führt diese Straße durch einen 800 Meter langen Tunnel, innerhalb des Tunnels sogar vierspurig. Der ist für Radfahrer ziemlich furchteinflößend. Dennoch fährt 3/4 der Gruppe durch diesen Tunnel. Benno ist das zu gefährlich und stellt diesmal das Prinzip „Immer dem Tourguide folgen“ hinten an und folgt mit Mario und Cornelia einem geteerten Weg, der am Tunnel bzw. am Berg rechts vorbei führt. Der ist zwar durch ein paar Erdrutsche etwas verengt, man kann ihn aber passieren. Die anderen Neun kommen heil, allerdings mit stark erhöhtem Puls am anderen Ende des Tunnels an; sie sind aber über diese Aktion „not amused“, was sich je nach Temperament auch in entsprechenden Kommentaren ausdrückt. Wilhelm erzählt, dass zwar im Tunnel ein enormer Lärm herrschte, aber wenig Verkehr (zwei überholende Autos). Vor Valdobbiadene wechseln wir auf eine Nebenstraße, die „Strada del Prosecco“, der wir für den Rest des Tages folgen werden. Wir machen Mittagspause in der Bar/Cafe „Roma“ in Valdobbiadene. Auch heute gibt es wieder einen Plattfuß, unseren vierten bei dieser Tour: Diesmal trifft es Ingrid auf einer Abfahrt in den Ort Col San Martino. Ein Dorn hat den vorderen Reifen durchstochen. Aber wir haben nun schon Übung und Sigrid flickt den Schlauch in rekordverdächtig kurzer Zeit. Weiter geht es auf der „Strada del Prosecco“, die trotz Autoverkehr recht gut zu fahren ist und an jeder Kurve erneut wunderbare Ausblicke auf das Tal, die an den Hang gebauten Städtchen und auf die Weinberge bietet. Das nutzen einige zu individuellen Foto-Stopps, um etwas mehr von dieser wunderbaren Gegend mitnehmen zu können. Che é bella, l'Italia! Die Gruppe bleibt aber trotz der Foto-Stopp-Freunde bis zum Etappenort Pieve di Soligo zusammen. Kurz hinter Farra di Soligo können wir auf einen Weg abbiegen, auf dem fast keine Autos fahren und der uns nach Pieve di Soligo führt, wo wir nach rund 55 Kilometer um 15.45 Uhr ankommen. Dort übernachten wir im Hotel „Contá“ und essen abends in der gleich nebenan befindlichen Enoteca „Corte del Medà“. Es ist immer wieder interessant zu beobachten, wie sich Verzweiflung breit macht, wenn wir in Italien die Restaurant-Rechnung getrennt begleichen wollen. Und zwar Verzweiflung sowohl auf italienischer als auch auf deutscher Seite.

Der zehnte Tag beginnt mal wieder bewölkt, das ist aber recht gutes Wetter zum Radfahren. Die Temperaturen bleiben an diesem Tag unter 30 Grad. Vor Marcon kommt später wieder die Sonne heraus. Eigentlich unnötig ist es zu erwähnen, dass wir auch an diesem Tag, beim Start aus der relativ kleinen Stadt Pieve di Soligo (10.400 Einwohner), nicht den richtigen Weg aus der Stadt herausfinden und mehrere Ehrenrunden drehen. Irgendwie haben wir aus Pieve di Soligo heraus doch noch den Weg nach Barbisano gefunden (auf der entsprechend ausgeschilderten Autostraße). Bis Susegana können wir noch auf wenig befahrenen Nebenstraßen radeln, dann aber merkt man, dass Italien ein Radverkehrs-feindliches Land ist. Denn das was wir in Deutschland unter Radrouten verstehen gibt es von nun an nicht mehr. Wir müssen auf mehr oder weniger stark befahrenen Autostraßen fahren, die grundsätzlich keinen Seitenstreifen haben. In Negrisia fahren wir in eine Seitenstraße, wegen des verheißungsvollen Hinweises auf ein Restaurant. Nach zwei Kilometern wissen wir: Das Restaurant hat montags und dienstags geschlossen. Also wieder zurück nach Negrisio. Auch ein Supermarkt in Ponte di Piave hat kurz vor unserer Ankunft wegen Mittagspause geschlossen. Schließlich finden wir im gleichen Ort das „Locanda Roma“, wo wir doch noch (gutes) Essen bekommen. In Ponte di Piave finden wir endlich auch eine Brücke, die über die Piave führt. War es am Vormittag immer noch leicht hügelig, ist die Landschaft ab Susegana nun völlig eben. Das wird dann doch etwas eintönig. Auch die Ortschaften, die wir passieren, sehen alle ziemlich ähnlich aus. Interessant sind am ehesten noch die Kirchen mit ihrem frei stehenden Campanile. Wir halten uns aber nirgendwo mehr auf und fahren mit hohem Tempo bis zum Zielort Marcon, wo wir die folgenden zwei Nächte im Hotel „Gamma“ verbringen werden. In Marcon nach etwa 75 Kilomtern angekommen, schicken wir gleich mal einen Erkundungstrupp los, der das dortige gastronomische Angebot erforschen soll. Das Ergebnis: Im Ort gibt es nur ein vernünftiges Restaurant - das „Ca Nostra“ - und dort gehen wir abends essen (sehr gut!).

Am elften Tag bleiben die Fahrräder in der Hotelgarage. Wir fahren per Zug nach Venedig (von Marcon bzw. dessen Vorort Gaggio gibt es eine direkte Zugverbindung nach Venedig/Santa Lucia). Den Zubringer- und Abholdienst zum/vom Bahnhof in Gaggio leistet Thomas mit seinem Bus. Abends gehen wir wieder ins „Ca Nostra“ essen. Wo sonst?

Der zwölfte und letzte Tag unsere Radreise beginnt ab 6.20 Uhr mit dem Verladen des Gepäckes und der Fahrräder. Nach dem Frühstück ist um 7.40 Uhr Abfahrt. Einer guten Tradition folgend dreht auch unser Busfahrer gleich hinter Marcon noch eine Ehrenrunde, weil er in eine mittlerweile stillgelegte (und per Schildern abgesperrte) Autobahnauffahrt hineingeraten ist. Ihr ratet sicher warum: Er hat auf sein Navi geschaut! Unser Abenteuer ist aber noch nicht ganz zu Ende. Um 12.40 Uhr, 3 Kilometer vor dem Brennerpass, kurz vor der Ausfahrt „Brenner“ bleiben wir liegen. Tank leer! Eine gute halbe Stunde später können wir weiter, der ACI hilft uns aus der Patsche. Gegen 21.20 Uhr kommen wir schließlich in Groß-Gerau an.

Fazit: Es war eine sehr schöne, oft auch sehr spannende und erlebnisreiche Reise. Angesichts der anspruchsvollen Route, des unterschiedlichen Alters der Teilnehmer (zwischen 41 und 69 Jahren) und der aus verschiedenen Ecken des Landes zusammengewürfelten Gruppe erwies sich diese doch als erstaunlich homogen. Insgesamt also ein großartiges Erlebnis für alle!

Danke an Benno für den Tourenbericht.

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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